Victoria HaackReitunterricht mit Nutzen und Tradition
 


Philosophie

 


"Many roads lead to Rome. Yet, it might be necessary to know where Rome is because it can quickly happen that you walk in the wrong direction."

 Arne Koets

(Viele Wege führen nach Rom. Allerdings kann es notwendig sein, zu wissen, wo Rom überhaupt ist, denn es passiert schnell, dass du in die falsche Richtung läufst.)
  
Meine Arbeitsweise ist weder willkürlich, noch folgt sie einem starren, vorgegebenen Muster. Mein Studium hat mich mit der Didaktik und der Lernpsychologie vertraut gemacht, sodass ich weiß, dass es bei Mensch und Pferd ganz verschiedene Herangehensweisen, verschiedene innere Bilder, sogar verschiedene Vortragsweisen von meiner Seite her geben sollte. Der eine Mensch bevorzugt eine entspannte, lässige Atmosphäre und Alltagssprache, Ziel ist es, Spaß und Freude an und mit seinem Pferd zu haben und man sucht Abwechslung. Ein anderer Mensch fühlt sich in einem professionelleren, ernsteren Setting wohler und interessiert sich für die komplizierten Vorgänge auf der physischen Ebene der Reiterei im Detail. Der Eine kann sich unter Reiterei etwas vorstellen, wenn ich es mit Tanzen vergleiche; wieder ein Anderer kann mit dem Bild eines Schiffes oder eines Flugzeugs etwas anfangen. Wieder ein anderer Reiter braucht weniger die Erklärung, sondern muss es einmal von außen sehen; der nächste muss es "im Vorbeigehen" bei einer angewandten Übung (zum Beispiel mit Garrocha) erfühlen und sich sozusagen "im Hintern" abspeichern.
Und das waren erst die verschiedenen Zugänge zu den Menschen...
Wie in dem Zitat oben beschrieben, gibt es viele Wege nach Rom, aber wir müssen uns zumindest darüber einig sein, was unser gemeinsames Ziel, unser "Rom" genau sein soll. Und da setzt meine Philosophie an: Für mich ist das Rom der Reiterei ein langfristig gesundes, miteinander freudig arbeitendes Mensch-Pferd-Team, welches durch die Reiterei mehr und mehr in ein harmonisches seelisches und körperliches Gleichgewicht kommt. Nun, so weit so gut - Sagen das nicht letztlich alle Lehren von sich? Zur Verdeutlichung nenne ich mal ein paar Punkte, die für mich darauf hindeuten, dass wir uns nicht auf Rom zu, sondern von Rom wegbewegen: 

 

  • Die Denkweise, Ausbinder, Sperriemen, dauerbuffende Schenkel, Gewicht auf dem Zügel usw. seien etwas völlig Normales und Harmloses
  • Die Denkweise, das Pferd müsse in eiligen, gestreckten Gangarten nach vorne getrieben werden
  • Die Denkweise, theoretische und praktische Bildung sei nur etwas für Profis und für Freizeitreiter unnötig 
  • Die Denkweise, dass Meinungen wichtiger seien als fundierte Fakten

 






Vor allem die beiden letzten Punkte zeigen meiner Meinung nach auf, was mir am Herzen liegt: Das Pferd ist dem Besitzer auf Gedeih und Verderb ausgeliefert, also im Guten, wie im Schlechten. Jeder, der sich ein Pferd anschafft, macht sich damit, ob er will oder nicht, automatisch zu dessen Ausbilder - und Ausbildung beginnt bereits in dem Moment, in dem mein Pferd weiß, dass ich im Stall oder in der Nähe bin. Ich habe mal ein Zitat gelesen, in dem es hieß "Wenn du dein Pferd wirklich liebst und ihm etwas Gutes, Nützliches mit auf den Weg geben möchtest, dann bilde dein Pferd so aus, dass es immer Freunde unter den Menschen findet", und ich finde dieses Sprüchlein sehr weise. Als Mensch trage ich dafür Verantwortung, dass mein Pferd in der Menschenwelt, in der wir nun  einmal leben, gut zurecht kommt -und das schließt so unendlich viele Aspekte ein, angefangen davon, dass es nicht Leute umrempeln oder beißen soll, aber es soll auch souverän an einem Flatterband im Gelände ruhig vorbeigehen, es soll sich nicht auf den Zügel legen, nicht stürzen, nicht unter dem Reiter davonrennen, soll sich brav führen lassen, ... Die Liste ist endlos. Meine Philosophie ist dabei nicht zwangsweise, die Pferde selbst fit zu machen (das wiederum ist mein Job mit meinen eigenen Pferden), sondern den Menschen bewusst zu machen und zu zeigen, wie sie die tagtägliche Ausbildung ihres Pferdes so gestalten, dass Pferd und Mensch füreinander verlässlich, freundschaftlich, klar lesbar und angenehm werden. Der Weg dahin weicht in vielen Fällen davon ab, was wir heutzutage in vielen Reitanlagen als normales Bild zu sehen bekommen, was wiederum die Leute mit wenig Bildungsinteresse, aber viel Meinung auf den Plan ruft. Althergebrachte Floskeln werden ins Unendliche repetiert, man macht unreflektiert Dinge, weil man sie halt so macht, Erklärungen für ein "Wie genau?" oder "Wofür genau?" gibt es nicht und das Pferd fragt sowieso keiner. Meldet es sich doch einmal zu Wort, wird der Kopf runtergespielt, das Maul zugeschnürt, ... sicher wisst ihr, was ich meine.

Was gehört für mich als zu einem guten "Weg nach Rom"? 

  • Erklären der Hilfen für Mensch (!) und Tier (Warum? Wo? Wie? Wann?)
  • Die Suche nach Gleichgewicht, Ruhe und Koordination
  • Erzeugen von formbarer, positiver Energie
  • Suche nach Weichheit und Leichtigkeit, aber mit tänzerischer Grundspannung
  • Klare innere Bilder, die ein gezieltes Loben erst möglich machen
  • Das Pferd achtet auf den Menschen, der Mensch achtet auf sein Pferd 
  • Das Pferd wird mutiger, ruhiger, souveräner und verlässlicher
  • Der Mensch sieht und versteht mehr, kann sich besser in sein Pferd hineinversetzen und fängt an zu helfen statt zu stören
  • Reiten macht mehr und mehr Spaß
  • Mein Pferd und ich werden mehr und mehr die guten Freunde füreinander, die wir uns wünschen